Berlin (ots) –
Knapp ein Jahr ist es her, dass die Bundesregierung die gesetzlichen Regelungen zur Fachkräfteeinwanderung vollständig reformiert hat. Zum 1. Juni geht nun auch das Herzstück der damaligen Reform an den Start: die Chancenkarte. Durch ein Punktesystem sollen Fachkräfte aus Drittländern leichter nach Deutschland kommen können. Sie müssen dafür keinen festen Arbeitsvertrag vorweisen und dürfen direkt nach der Einreise bis zu 20 Stunden pro Woche arbeiten. Durch die Chancenkarte werden insbesondere die langwierigen staatlichen Anerkennungsverfahren weniger relevant. Es gilt der neue Grundsatz, dass ein Studium oder eine Ausbildung „nur“ nach den Regeln des Herkunftslandes staatlich anerkannt sein muss und nicht mehr, wie bislang, exakt deutschen Ausbildungsregeln zu entsprechen hat.
Erste Anlaufstelle für viele Fachkräfte ist das Onlineportal Chancenkarte.com. Dieses fungiert seit letztem Jahr als Wegweiser rund um die Chancenkarte. Ab dem 1. Juni finden Bewerber und Arbeitgeber dort außerdem Hilfestellungen zum Bewerbungsprozess inklusive Verlinkungen zu den jeweiligen deutschen Botschaften. Bislang ging die Bundesregierung von weniger als 50.000 Bewerbern pro Jahr aus, doch schon jetzt zeichnet sich ein Ansturm auf die Botschaften ab. Bis Ende Mai haben bereits über 250.000 Personen ihre Chancen berechnet, von denen über 100.000 die nötigen Voraussetzungen erfüllen.
Insbesondere für Arbeitgeber ist interessant, wer nun nach Deutschland kommen kann. Das Handwerk hofft auf deutlichen Zustrom. Allerdings haben 80% der bisher auf Chancenkarte.com registrierten Bewerber einen Hochschulabschluss. Drei Viertel sind unter 35 und erfüllen somit eines der Kernkriterien der neuen Chancenkarte. Unter den Herkunftsländern stechen vor allem englischsprachige Entwicklungs- und Schwellenländer hervor: Indien, Pakistan, Nigeria und Ghana nehmen die vorderen Plätze ein – aber auch die USA sind weit vorne dabei.
Deutsch sprechen nur die wenigsten: Drei Viertel aller Kandidaten geben an, dass sie entweder kein oder nur sehr rudimentär Deutsch können. Da kommt es auch nicht überraschend, dass die meisten Bewerber noch nie in Deutschland gewesen sind (96%). Englisch hingegen fällt den meisten Bewerbern leicht – über drei Viertel aller Bewerber sind darin fließend.
Für Arbeitgeber sind viele der im Rahmen der Chancenkarte qualifizierten Kandidaten zunächst sehr gut als Aushilfskräfte einsetzbar. Sie dürfen nach Ankunft in Deutschland 20 Stunden pro Woche arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Diese erste Tätigkeit stellt eine gute Chance für eine schnelle Integration in den deutschen Arbeitsmarkt dar. Unterm Strich profitieren nicht nur Arbeitgeber, sondern auch der Staat – Chancenkarte Inhaber unterliegen wie alle anderen Arbeitnehmer der Sozialversicherungspflicht.
Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer schätzte zuletzt, dass Deutschland 1,5 Millionen Zuwanderer pro Jahr brauche, um seinen Fachkräftemangel zu decken. Ob die Chancenkarte das allein schaffen wird, hängt insbesondere auch davon ab, ob die deutschen Botschaften ausreichend viele Termine zur Beantragung bereitstellen. Am Interesse von Kandidaten wird es in jedem Fall nicht scheitern: Chancenkarte.com hatte allein im Mai fast 250.000 Besucher.
Hintergrund
Die Chancenkarte GmbH, ein Start-Up aus NRW, betreibt seit Mitte letzten Jahres das Online-Portal Chancenkarte.com. Neben den Hilfestellungen für Kandidaten im Bewerbungsprozess versucht die Chancenkarte GmbH auch, ihre schnelle Integration in Deutschland zu unterstützen. Dazu entwickelt das Start-Up derzeit eine Jobbörse, auf der Chancenkarte-Kandidaten und Arbeitgeber bereits vor der Einreise nach Deutschland miteinander in Kontakt treten können. So können Arbeitgeber bereits frühzeitig nach Kandidaten suchen, die wiederum direkt von den Vorteilen einer ersten Arbeitsstelle in Deutschland profitieren.
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