München (ots) –
Europäische Luftfahrtindustrie: Volle Auftragsbücher, aber hohe Hürden bei Produktionssteigerung
– Roland Berger-Umfrage von rund 150 Unternehmen aus Deutschland, Frankreich und UK zu Resilienz und Struktur von Lieferketten
– Zwei Drittel berichten von Produktionsstörungen durch Lieferkettenprobleme; Lage gegenüber 2023 verschlechtert
– Nur knapp jedes zweite Unternehmen arbeitet gezielt an einer Neuaufstellung oder Optimierung der Lieferkettenstruktur; mehr europäische und internationale Kooperation nötig
Jedes dritte Unternehmen der europäischen Luftfahrtindustrie sieht sich derzeit nicht gut aufgestellt, um die aktuell anstehenden Produktionssteigerungen umzusetzen. Vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen ist die Situation schwierig, ihnen fehlt unter anderem Kapital für Investitionen, dazu kommt ein Mangel an Fachkräften und anderen Ressourcen, wie z.B. Rohmaterialien oder Vorprodukten. Insbesondere beim Thema Lieferkette gibt es nach wie vor Probleme: 66 Prozent der Unternehmen berichten von Produktionsstörungen durch Lieferunterbrechungen und bewerten deren Folgen noch schwerwiegender als 2023. Dennoch arbeitet nur knapp die Hälfte an einer Umstellung oder Optimierung ihrer Lieferkettenstruktur, um diese resilienter gegenüber Disruptionen zu machen. Dies zeigt eine Studie von Roland Berger in Kooperation mit dem Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) sowie den Luftfahrtverbänden aus Großbritannien, ADS, und Frankreich, GIFAS. Unter dem Titel „Study on the Resilience of the Aerospace Supply Chain in Germany, France and the UK“ und mit rund 150 befragten Unternehmen zeichnet die Studie ein umfassendes Bild der europäischen Luftfahrtbranche.
„Die Aufholjagd nach dem Einbruch in den Coronajahren ist in vollem Gange und die Orderbücher der europäischen Luftfahrtindustrie sind entsprechend voll“, sagt Stephan Baur, Partner bei Roland Berger. „Um diesen Auftragsbestand abzuarbeiten, muss die Anzahl der ausgelieferten zivilen Flugzeuge bis 2030 fast verdoppelt werden. Doch viele der Unternehmen, vor allem aus dem Kreis der kleinen und mittelständischen Zulieferer, sehen sich derzeit nicht in der Lage, ihre Produktion entsprechend hochzufahren.“ So tun sich über 60 Prozent der befragten Unternehmen schwer, die nötigen Fachkräfte für den Hochlauf zu finden, 40 Prozent berichten von mangelndem Kapital für Investitionen. Und für immerhin 35 Prozent sind mangelnde Produktionskapazitäten eine Herausforderung.
Dazu kommen Probleme mit den Lieferketten: Zwei Drittel der Befragten (66%), vor allem Tier-1-Zulieferer, berichten von Störungen, etwa durch längere Vorlaufzeiten oder die begrenzte Verfügbarkeit von Rohmaterial und Vorprodukten. Die Folge sind unzuverlässige Lieferungen und kurzfristige Engpässe. Auch Preiserhöhungen, schwankende Qualität, ungenaue Bedarfsprognosen sowie die gesetzliche Regulierung stehen auf der Liste der Schwierigkeiten. Die Schwere der Beeinträchtigung hat zudem zugenommen: So ist die Zahl der Unternehmen, die angeben, sie seien „sehr stark“ von Disruptionen der Lieferkette betroffen, gegenüber dem Vorjahr von zwei auf elf Prozent gestiegen. Auch hier sind Tier-1-Zulieferer überdurchschnittlich vertreten.
Resilienz der Lieferketten unverzichtbar für Hochlauf der Produktionsraten
„Angesichts der Vielzahl an Krisen, denen die Unternehmen ausgesetzt sind, ist es nicht verwunderlich, dass die Zahl derer, die im Feuerwehr-Modus sind, gegenüber dem Vorjahr nochmals zugenommen hat“, sagt Baur. Doch nur reaktiv zu handeln reiche nicht: „Damit lässt sich vielleicht kurzfristig eine Disruption bewältigen, aber für eine langfristige Stabilisierung braucht es mehr Resilienz der Lieferketten – und die ist nur mit strukturellen Anpassungen zu erreichen.“ Die Empfehlung der Roland Berger-Experten lautet, zunächst eine grundlegende Analyse der Lieferkette durchzuführen. Auf dieser Basis lassen sich dann, unter anderem anhand von Best-Practice-Beispielen, Maßnahmen erarbeiten und umsetzen, mit denen sich eine Lieferkette aufbauen lässt, die wirklich krisensicher ist und darüber hinaus auch Kostenvorteile bietet.
Auch die Luftfahrtverbände unterstützen dies. So hat der BDLI die Initiative „AeroExcellence“ gestartet. „Damit wollen wir Zuliefer-Unternehmen helfen, Optimierungspotenziale entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette zu identifizieren“, sagt Stefan Berndes, Leiter Luftfahrt, Ausrüstung und Werkstoffe beim BDLI. Er verweist zudem auf einen anderen wichtigen Punkt: „Abgesehen von Maßnahmen auf der individuellen Unternehmensebene brauchen wir auch mehr europäische und internationale Kooperation in der Luftfahrtindustrie, um Lieferketten zu diversifizieren und so resilienter zu machen. Daran arbeiten wir zusammen mit den anderen europäischen Verbänden, unter anderem durch diese gemeinsame Studie. Sie zeigt deutlich, dass die Branche europaweit eine schwierige Situation durchläuft, die es zu lösen gilt, um den positiven Schub aus dem Auftragsboom mitnehmen zu können.“
Die Studie können Sie hier herunterladen: https://ots.de/MmUvML
Über Roland Berger
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